
BRAUINDUSTRIE · 7/2022
Ein weiteres Ziel bestand darin, die Genehmigung der
Anlage nach der 42. Bundesimmissionsschutzverordnung
zu erlangen: Sie bedingt umfangreiche Vorgaben in Bezug
auf Lärm, Staub, Vibrationen, Gerüche oder Abgase, deren
Quellen genau ermittelt und begutachtet werden müssen –
ein sehr zeitaufwendiges Verfahren.
Eine umfangreiche Wunschliste
Bei der Konzepterstellung legte die Bio-Brauerei bereits Ende
des Jahres 2019 eine genaue „Wunschliste“ fest, die relevant
für das weitere Vorgehen war. Wesentlicher Punkt auf der
Liste war ein neuer Darrluftventilator samt Wärmetauscher,
der es möglich machen sollte, Wärme aus einem Niedertemperaturnetz
zusätzlich zuzuführen. Weitere Punkte umfassten
eine neue Getreidereinigung, die Modernisierung des
Weichhauses, eine neue Annahme, neue Keimkästen und
neue Verladesilos, zusätzliche Malzsilos sowie eine zentrale
Steuerung bzw. einen zentralen Leitstand.
Für die Umsetzung erfolgten zwei getrennte Ausschreibungen,
einmal für die Keimkästen und einmal für die Fördertechnik
und deren Automation. Zudem waren mehrere
Gesprächsrunden mit diversen Anbietern, Statikern, Architekten,
Gutachtern und das Ausarbeiten der Fließschemen
für die Angebote notwendig. Die Herausforderung bestand
dabei darin, die Angebote vergleichbar zu machen.
Ein 3D-Modell als Arbeitsgrundlage
Die Vergabe beider Ausschreibungen fiel letztlich auf die
Firma Bühler Group aufgrund eines überzeugenden Konzepts.
Die Vorteile dabei waren, dass die Konzentration auf
einen Anbieter die Komplexität des Bauvorhabens reduzierte
und die räumliche Nähe und Verfügbarkeit des Anbieters
gewährleistete. Die Vergabe erfolgte im Frühjahr 2020. Der
nächste Schritt bestand schließlich darin, dass der Anbieter
einen kompletten 3D-Laserscan der Bio-Mälzerei erstellte,
um ein exaktes dreidimensionales CAD-Modell des Bestands
als Grundlage für die weiteren Maßnahmen zu erhalten.
Die folgende Einteilung der einzelnen Bauabschnitte hatte
eine wesentliche Herausforderung zu beachten, die sich
aus dem laufenden Betrieb ergab: Die vorhandene Silokapazität
reichte nur aus, um das Sudhaus der Brauerei für
fünf Wochen mit Malz zu versorgen. Die umbaubedingte
Unterbrechung der Förderwege musste somit genau geplant
werden, um das Sudhaus durchgehend mit Malz beliefern
zu können. Gelöst wurde die Aufgabe durch einen teilweisen
Parallelbetrieb von alter und neuer Technik etwa bei
der Nutzung der Keimkästen oder der Fördertechnik, was
jedoch die Berücksichtigung technischer Abhängigkeiten
notwendig machte. Erschwerend kam hinzu, dass aufgrund
des Neubaus einer Logistikhalle auf dem Brauereigelände
kein Lagerplatz für die notwendigen Anlagenteile vorhanden
war. Diese mussten also „just in time“ angeliefert und
direkt mit einem Kran eingebracht werden.
Reibungsloser Ablauf dank eingehender
Planung
Nach weiteren Abstimmungsrunden mit den BImSch-Gutachtern
zu emissionsrelevanten Aspekten und mit den Statikern
fiel der Startschuss für die Baumaßnahmen im August
2020: Für die geplanten Arbeiten wurden Einbringöffnungen
in der Bio-Mälzerei geschaffen und Decken ausgeschnitten.
Zudem wurden neue Elektroleitungen gelegt, da die
Dimensionierung der alten nicht mehr ausreichte. Im September
erfolgte der Umbau der Darre durch die Firma Petry,
im November schloss sich die Installation der Keimkästen
an. Im Januar 2021 wurden die ersten Förderwegskomponenten
montiert und sofort in Betrieb genommen. Im März
Die Klimastrategie 2.0
von Neumarkter Lammsbräu
Neumarkter Lammsbräu hat seine bestehende Klimastrategie
Mitte des Jahres 2021 zur „Klimastrategie 2.0“ weiterentwickelt.
Dazu kooperiert der Bio-Pionier mit den Klimaschutzunternehmen
e. V. und der Universität Kassel, Fachgebiet
Umweltgerechte Produkte und Prozesse. Ziel ist, dass Neumarkter
Lammsbräu im Zeitraum von 2020 bis 2030 die absoluten
Treibhausgasemissionen in seinem direkten Einflussbereich
um real mindestens 42 % reduziert und die
Treibhausgasemissionen entlang seiner Wertschöpfungskette
misst und reduziert.
In einem ersten Schritt erfolgen Steigerungen der Energieeffizienz
sowie der Einsatz von regenerativen Energien wie
durch die Inbetriebnahme der modernisierten Bio-Mälzerei.
Bis 2030 sind weitere Maßnahmen in Planung: Beispiele sind
die bereits gestartete Umstellung des Fuhrparks auf Elektrofahrzeuge
sowie die Errichtung einer Photovoltaik-Anlage am
eigenen Logistikcenter. Zudem soll künftig ein Teil des genutzten
Erdgases durch Energie aus einer Solarthermie-Anlage
ersetzt werden. In einem zweiten Schritt ist Neumarkter
Lammsbräu im laufenden Jahr der weltweiten Science
Based Targets Initiative beigetreten und hat sich damit als
erster mittelständischer Lebensmittelhersteller in Deutschland
auf das 1,5-Grad-Ziel nach dem Pariser Klimaabkommen
verpflichtet. In einem dritten Schritt erfolgt die eingehende
Betrachtung der Wertschöpfungskette.
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Johannes Ehrnsperger (Inhaber und Geschäftsführer
Lammsbräu), Matthias Ströbel (Malzmeister) und
Thomas Plank (Leitung Instandhaltung & Energie, v.l.) bei
der Einweihung der modernisierten Bio-Mälzerei.