Editorial
Nachhaltiges
Wohnen – eine Frage
des Geldes?
Zukunftsforscher sehen in Mikroapartments, gemeinschaftlichem
Wohnen und Öko-Siedlungen eine Alternative angesichts
hoher Großstadtmieten, mangelndem Wohnraum, steigenden
Immobilienkosten und dem durch den Klimawandel bedingten
Trend zur Nachhaltigkeit. Doch laut einer aktuellen Umfrage des
Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos* haben viele Bundesbürger
durchaus andere Wunschvorstellungen vom idealen
Wohnen. So träumen sechs von zehn Deutschen nach wie vor
vom eigenen Haus (60%), bei den 16 bis 24-Jährigen liegt dieser
Anteil sogar bei 74 %. Und Hausbesitzer sind es auch, die mit
84 % eine überdurchschnittliche Zufriedenheit mit ihrer Wohnsituation
angeben. Angesichts der hohen Grundstückskosten und
mangelnden Flächen in Großstädten müsste Wohnraum künftig
kleiner geplant werden. Auch dies passt mit den Vorstellungen
der Befragten nicht ganz zusammen. In der Beschreibung einer
idealen Wohnsituation wird „Viel Platz/ ausreichend Zimmer/
Wohnfläche“ am häufigsten genannt. Jeder Dritte (32%) zählt
eine großzügige Wohnfläche zu den wichtigsten Aspekten einer
Wohnsituation.
Die Akzeptanz für nachhaltiges Wohnen ist hoch, die Umsetzung
jedoch durch finanzielle Gründe gebremst. Aus allen abgefragten
zukünftigen Wohnformen ist die mit dem größten ökologischen
Nutzen am beliebtesten: Zwei Drittel der Befragten (66%) geben
an, dass ein Öko-/ Niedrigenergiehaus für sie in Frage käme.
Auch ein Tiny House (40%), das Ökodorf (41%) und „Autofreies
Wohnen“ (33%) wären für viele eine gewünschte Wohnform.
Für jeden zweiten Deutschen (48%) lässt sich ein nachhaltiges
Die Akzeptanz für
nachhaltiges Wohnen
ist hoch, die Umsetzung
jedoch durch finanzielle
Gründe gebremst.
Marcus Heinrich
Wohnen jedoch aus finanziellen Gründen nicht verwirklichen.
Und diese Erkenntnis ist – wenn auch ein wenig versteckt zu
lesen in der Mitteilung zur Umfrage – doch ein echtes Trauerspiel.
Wie kann es sein, dass trotz vieler Zuschüsse und Förderungen
diese Zweifel bei den ökologisch denkenden Bürgern bestehen?
Einerseits reden wir in unserer Branche ständig davon, wie hoch
die Nachfrage (und sie ist es wohl wirklich) in Sachen Wärmepumpen
ist oder wassersparende und berührungslose Armaturen
der absolute Renner bei der Badplanung sind. Freilich geht es um
mehr als um Heizung oder Bad. Aber hier tut wahre Aufklärungsarbeit
not und weitere Potenziale auf. Denn nachhaltiges Wohnen
ist mit der richtigen Planung natürlich bezahlbar und darüber
hinaus alternativlos. Langfristig gesehen zahlt es sich überdies
auch finanziell aus. Und ´mal Hand aufs Herz: Wenn die junge
Familie aus ihrer gemütlichen Terrasse erst einmal auf die vor sich
hin schnurrende Wärmepumpe, auf die Solarelemente auf dem
Dach und auf die Steckdose neben der Garage für ihr sparsames
Auto mit dem E-Kennzeichen schauen, werden sie feststellen,
dass diese Investitionen sich wahrlich gelohnt haben.
* Ipsos ist die Nummer 3 weltweit in der Marktforschungsbranche mit mehr als
18.000 Mitarbeitern und starker Präsenz in 90 Ländern. Die Ergebnisse stammen
aus einer Kooperationsstudie mit Auszubildenden zu Fachangestellten für Markt-
und Sozialforschung der BMK, Berufliche Schule für Medien und Kommunikation,
Hamburg. Mehr Infos auf www.bmk-hh.de und www.iosos.de
www.ras-online.com RAS | JUNI 2022 3
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