
Deshalb werden die Großunternehmen
künftig vermehrt auch kleine und
mittlere Unternehmen in die Pflicht
nehmen. Das kann auch schon mal
einen Handwerker vor Ort betreffen,
der zum Beispiel Luftfilter eines chinesischen
Herstellers im Firmengebäude
installiert. Denn dann hat das Großunternehmen
zwei Möglichkeiten:
• Es kann die Luftfilter selbst direkt
einkaufen und den Handwerker
diese nur einbauen lassen oder
• es kann dem Handwerker den Komplettauftrag
erteilen.
• Im zweiten Fall ist der Handwerker
möglicherweise vom Lieferkettengesetz
betroffen.
In vielen Unternehmen
laufen Pilotprojekte
Viele (Groß-)Unternehmen verspüren
inzwischen einen wachsenden Zeitdruck,
wenn es um das Umsetzen des
Lieferkettengesetzes geht, denn sie
haben oft Tausende von Lieferanten.
Deshalb laufen in vielen schon entsprechende
Pilotprojekte. Dabei sammeln
die Unternehmen meist die Erfahrung:
Ohne digitale Lösungen wie die der
Innolytics AG wird das Umsetzen des
Lieferkettengesetzes schnell zu einem
bürokratischen Alptraum. Zudem
ufern die Verwaltungskosten aus. Mithilfe
moderner digitaler Tools lässt sich
jedoch nicht nur die scheinbare Herkulesaufgabe
lösen, „auch der Aufwand
sinkt um bis zu achtzig Prozent“, verspricht
Meyer. Dies wäre ganz im Sinne
des Gesetzgebers, denn er möchte zwar,
dass die deutschen Unternehmen ein
wachsames Auge auf ihre Lieferanten
haben, er will aber keine neue Wirtschaftspolizei
etablieren. Q
Lukas Leist
Er ist als (Fach-)-
Journalist u. a.
auf Management-
und IT-Themen
spezialisiert.
Mit dieser Kategorisierung ihrer Lieferanten
im Kopf und einer hieraus abgeleiteten
Vorgehensweise können Unternehmen
nach Einführung des Lieferkettengesetzes
problemlos agieren, prognostiziert
Meyer. „Denn auch die kontrollierende
Behörde, das BAFA, muss
erst noch Erfahrung sammeln.“ Deshalb
ist laut seiner Einschätzung für
Unternehmen, sofern sie ein ernsthaftes
Bemühen nachweisen können,
die Anforderungen des Lieferkettengesetzes
zu erfüllen, „die Gefahr faktisch
gleich null, dass gegen sie ein Bußgeld
verhängt wird“.
Digitale Audits helfen bei
der Umsetzung
Die Mehrzahl der Lieferanten von Unternehmen
fällt in der Regel in die Kategorie
B. Hier setzen die Unternehmen
in der Praxis denn auch meist solche
digitale Lieferantenaudits ein, wie sie
zum Beispiel Innolytics mithilfe seines
Expertengremiums entwickelt hat.
Diese funktionieren wie folgt:
• Das Unternehmen schickt seinen
Lieferanten per Mail einen Fragebogen
zur Selbstauskunft zu. Die so
erhaltenen Infos wertet es dann entweder
manuell bezüglich bestehender
Risiken aus oder mithilfe einer
Software, die vollautomatisch Risikoanalysen
erstellt.
• Zeigen sich dabei bei einzelnen Lieferanten
Auffälligkeiten, starten
die Verantwortlichen eine vertiefende
Diskussion. Das heißt, sie fragen
beim Lieferanten nach. Sie fordern
von ihm zum Beispiel Dokumente
an, die seine Angaben belegen
und überprüfen stichpunktartig
die Bereiche, in denen dieser sich
Bestnoten gab.
Dabei kämpfen Unternehmen oft mit
einem Sprachproblem – sogar wenn
ein Lieferant in Europa seinen Standort
hat. So zum Beispiel, wenn er in
Frankreich oder Polen ansässig ist und
sein zuständiger Sachbearbeiter nur
rudimentär Englisch spricht. Die Innolytics
AG hat dieses Problem wie folgt
gelöst:
• Die vertiefenden Interviews werden
mithilfe künstlicher Intelligenz
automatisch in sieben Sprachen
übersetzt – darunter auch polnisch
und chinesisch.
• Die Software dokumentiert jeden
Arbeitsschritt.
Ähnlich wie bei einer
Buchhaltungssoftware lässt
sich kein Eintrag revidieren. Damit
sind alle Aktivitäten des Unternehmens
und des Lieferanten revisionssicher
und unveränderbar aufgezeichnet.
Einen Zeitplan bis zur
Einführung erstellen
Theoretisch haben die Unternehmen
noch viel Zeit zum Erfüllen der Forderungen
des Lieferkettengesetzes.
Ab dem 1. Januar 2023 sind Unternehmen
ab 3.000 Beschäftigten verpflichtet,
seine Anforderungen umzusetzen.
Unternehmen mit 1.000 bis
2.999 Beschäftigten haben noch ein
Jahr länger Zeit. Trotzdem steigt der
Handlungsdruck. Unternehmen, die
im ersten Quartal 2023 ein wirksames
Risikomanagement eingeführt
haben wollen, sollten bis Mitte 2022
die Grundstrukturen hierfür geschaffen
haben, rät Meyer, „damit dann die
konkrete Umsetzung beginnen kann“.
Hierzu zählt auch die Aufgabe, den Lieferanten
zu vermitteln, welche neuen
Anforderungen und Verfahren auf sie
zukommen.
Zu den Lieferanten zählen nicht selten
auch KMU. Diese sind aktuell zwar nur
mittelbar vom Gesetz betroffen, doch
nicht wenige von ihnen haben Großunternehmen
als Kunden und diese
werden wiederum oft die Anforderungen
des Lieferkettengesetzes an sie
durchreichen. Denn im Gesetz steht,
dass auch Unternehmen, „die nur mittelbar
einkaufen, dessen Bestimmungen
erfüllen müssen“, erklärt Meyer.
„Ansonsten könnten sie leicht umgangen
werden – zum Beispiel, indem ein
Konzern seine Einkäufe künftig über
eine Einkaufsgesellschaft abwickelt.
Oder indem er Produkte, die er bisher
selbst einkaufte, fortan von Lieferanten
beschaffen lässt.“
22 BRAUINDUSTRIE · 3/2022