Das Maler-ABC
Praxisfragen von A–Z
Oberflächen im Streiflicht
Streiflicht ist das Licht, welches von der Seite auf eine
Fläche einfällt, mehr oder weniger parallel zu deren
Oberfläche. Das trifft auf künstliches Licht ebenso zu
(wie auf Sonneneinstrahlung, wobei das Licht diffus oder
Bild: ZERO-LACK)
auch ein scharfer Strahl sein kann. Im Streiflicht werden Konturen und Unebenheiten
von Bauteiloberflächen durch starke Schattierungen deutlich sichtbar.
Meinungsverschiedenheiten bezüglich beschichteter
Oberflächen gründen oft auf Unebenheiten
der Fläche, die durch Streiflicht
hervorgehoben werden. Eine Wandfläche
ist nur dann bei Streiflicht zu beurteilen,
wenn eine derartige Beleuchtungssituation
gebrauchsüblich ist. Das kann z. B. bei vorhandenen
großformatigen Fensterkonstruktionen
der Fall sein. Inwieweit aber durch die
Beleuchtungsinstallation der späteren Nutzer
Streiflicht entsteht, ist für den Verarbeiter
vor und während der Anstricharbeiten oft
nicht zu erkennen. Aus diesem Grund sollten
die Lichtquellen bereits vor der Ausführung
der Beschichtung montiert werden, um die
tatsächlichen Lichtverhältnisse beachten zu
können. Unregelmäßigkeiten, die durch seitlichen
Einfall vom natürlichen Sonnenlicht
zeitlich begrenzt sichtbar werden, sind in
der Regel hinzunehmen. Zum größten Teil
der Tageszeit sind diese Unregelmäßigkeiten
nicht sichtbar. Eine Beurteilung ist abzulehnen,
wenn eine Beleuchtungssimulation
z. B. durch Anstrahlen mit einem Scheinwerfer
völlig ungewöhnlich ist und bei tatsächlichem
Gebrauch in dieser Weise auch
nicht vorkommt.
Ein häufiger Streitpunkt bei Arbeiten in Innenräumen
ist eine Abzeichnung der Spachtelung
an den Plattenfugen von Gipskartonplatten
als Beplankung für Wand und Decken.
Diese störenden Streifen können besonders
bei Streiflicht sichtbar werden. Zur
Grundleistung solcher Untergründe gehört
oft lediglich die Standardverspachtelung Q2.
Diese ist für grob strukturierte Wandverkleidungen
geeignet, wie etwa Raufasertapeten.
Bei sehr feinen und glatten Oberflächen
wie z. B. Seiden- oder Metalltapeten reicht
sie jedoch nicht aus. Hier sind vollflächige
Verspachtelungen in den Qualitätsstufen Q3
oder Q4 erforderlich. Ebenso ist zu beachten,
dass mit zunehmendem Glanz einer Beschichtung
Unebenheiten in der Fläche deutlicher
zu erkennen sind.
Fazit
Unregelmäßigkeiten durch Streiflicht können
von vielen Faktoren abhängig sein und
sind im Einzelfall individuell zu prüfen. Die
Hinnehmbarkeit ist unter anderem davon
abhängig, welche Oberflächenqualität, beispielsweise
der Spachtelarbeiten, ausgeschrieben
bzw. vereinbart wurde oder ob
der Verarbeiter vor Ausführung Bedenken
gegen eine nicht ausreichende Qualität des
Untergrundes angemeldet hat. Weiterführende
Informationen geben das BFS-Merkblatt
Nr. 12 des Bundesausschusses Farbe
und Sachwertschutz oder auch die Merkblätter
2, 3 und 6 des Bundesverbandes der
Gipsindustrie.
Anke Hamberger
Leitung Produktzulassung
bei ZERO-LACK, Bad Oeynhausen
(Bild: kristall/stock.adobe.com)
18 MALER UND LACKIERERMEISTER 7 2022
/stock.adobe.com