
BIERWERBUNG –
MAL SO, MAL SO
Die Blähser-Skala
Einfach Spitze
Überdurchschnittlich
Na ja
Schwamm drüber
An dieser Stelle sagt Peter Blähser, Marktforscher und Kommunikationsfachmann
aus Hochheim am Main, unmissverständlich
seine Meinung zur aktuellen Bierwerbung. Das geschieht auf sehr
pointierte Art, mal lobend oder mal bissig, je nachdem, wie der Autor
die Werbung sieht. Die BRAUINDUSTRIE stellt die Kommentare
zur Diskussion, auch wenn sie nicht immer derselben Meinung ist
wie der Autor.
Berliner Pilsner + Berliner
Pranke
Brauerei: Berliner-Kindle-Schultheiss-
Brauerei, Berlin
Agentur: keine Auskunft
Eine der zahlreichen Biermarken, die
sich im Besitz der Radeberger Gruppe
befinden, ist Berliner Pilsner. Das
wurde sechzehn lange Jahre mit dem
unverwechselbaren „Berlin, Du bist
so wunderbar“ beworben. Damit ist
nun Schluss. Die Brauerei hat sich entschlossen,
„eine komplett neue Markenplattform“
zu beschreiten. Nunmehr
heißt es „Sowas von Berlin“.
Da ist ein junger Mann, der mit einer
Soundbox durch die Straßen wirbelt,
um mit Fremden zu feiern (Motiv „Freiluft
Festival“). Da sind Fußballfans,
die in einem Fernseher vor der Kneipe
das Spiel verfolgen (Motiv „Fußballabend“).
Und da ist der Mann, der
in seinem Garten mit Freunden den
Tag beschließt (Motiv „Feierabend“).
Diese Situationen nennt die Brauerei
„Lebensfrohe Momentaufnahmen“.
Aber warum deshalb eine neue Werbekampagne?
Das vorherige „Berlin,
Du bist so wunderbar“ passt nahtlos
ebenso zum neuen Auftritt. Und
könnte man derartige Momente nicht
ebenso in „Sowas von Hamburg“, Köln
oder Leipzig antreffen?
Seit dem März 2022 gibt es unter der
Marke „Berliner Pranke“ von derselben
Männer unter sich Feierabend – wo auch immer
Brauerei ein mit 6%-vol. Alkohol
etwas stärkeres Bier. Konzipiert ist das
Bier für den Start in die Nacht zusammen
mit Freunden. Unterstrichen wird
diese Positionierung durch schwarze
Labels. Für dieses neue Bier hat sich die
Agentur einen Feierabend-Stammtisch
von drei jungen Männern ausgedacht.
Der Stammtisch ist ein Stromkasten auf
der Straße. „Sowas von Berlin“ aus der
Pilsner-Kampagne wurde auch noch im
Motiv untergebracht. Das Ganze ist für
den Betrachter irritierend. Von einer
komplett neuen Markenplattform ist
nichts zu erkennen. Zusätzlich tritt die
Brauerei mit zwei eigenständigen Auftritten
an, die mit einem „Sowas von
Berlin“ verknüpft den Bieren Berliner
Pilsner einerseits und Berliner Pranke
andererseits kaum eine Chance geben.
24 BRAUINDUSTRIE · 5/2022