
Stillschweigende Abnahme
Heizungsanlage wird drei Monate nach Fertigstellung konkludent
abgenommen
SANITÄR+HEIZUNGSTECHNIK 8/2022 41
RA RALF SUHRE*
1. Eine konkludente Abnahme
liegt vor, wenn keine
wesentlichen Vertragsleistungen
mehr ausstehen und
dem Verhalten des Auftraggebers
zu entnehmen ist,
dass er die Leistung als im
Wesentlichen vertragsgerecht
billigt.
2. Auf einen Abnahmewillen
kann regelmäßig nur geschlossen
werden, wenn der
Auftraggeber Gelegenheit
hatte, die Beschaffenheit
des Werks ausreichend zu
prüfen, wobei die Dauer der
Prüfungs- und Bewertungsfrist
vom Einzelfall abhängt.
3. Wird der Auftragnehmer
mit der Installation einer
Heizungsanlage beauftragt,
ist jedenfalls in den Wintermonaten
eine Prüffrist von
drei Monaten ausreichend
und angemessen.
Dies hat das Oberlandesgericht
(OLG) München mit
Beschluss vom 17.05.2021
(Aktenzeichen: 28 U 744/21
Bau) entschieden und
vom Bundesgerichtshof
(BGH) mit Beschluss vom
10.11.2021 (Aktenzeichen:
VII ZR 565/21) bestätigt.
Sachverhalt:
Der Auftraggeber (AG) beauftragt
den Auftragnehmer (AN) mit einer
Heizungsinstallation. Die Anlage
wird im Oktober 2007 in Betrieb
genommen. Die Arbeiten werden
im Wesentlichen vollständig und
vertragsgemäß erbracht. Die letzten
vom AG am 27.10.2007 geforderten
Nachbesserungsarbeiten
erledigt der AN binnen einer Woche.
Im Jahr 2012 fällt die Wärmepumpe
aus. Der AG leitet sodann
im Mai 2013 ein selbständiges Beweisverfahren
gegen den AN ein.
Anschließend klagt der AG auf Erstattung
von Kosten der Ersatzvornahme
sowie Schadensersatz. Der
AN erhebt die Einrede der Verjährung.
Entscheidung des Gerichts:
Das OLG entscheidet, dass die Ansprüche
des AG verjährt sind! Der
AG hat die Heizungsanlage konkludent
Ende Januar 2008 abgenommen,
so dass die Verjährungsfrist
Ende Januar 2013 (und damit vor
Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens)
endete. Aus den Gesamtumständen
ergibt sich, dass der
AG das Werk zu diesem Zeitpunkt
stillschweigend als im Wesentlichen
vertragsgerecht gebilligt hat. Noch
ausstehende, einer Abnahme entgegenstehende
Arbeiten, lagen nicht
mehr vor. Der AG hatte auch ausreichend
Gelegenheit zur Prüfung der
Beschaffenheit des Werks. Diese ist
grundsätzlich erforderlich, um auf
einen Abnahmewillen schließen zu
können. Die Prüfungsfrist begann
Mitte November 2007 (nach Erledigung
der geforderten Nachbesserungsarbeiten)
und endete spätestens
nach etwa drei Monaten, folglich
Ende Januar 2008.
Hinweise:
Die konkludente (= stillschweigende)
Abnahme ist eine Form der
rechtsgeschäftlichen Abnahme. Sie
erfordert, im Gegensatz zur sog. ktiven
Abnahme, einen Abnahmewillen
des AG. Für die Annahme dieses
Abnahmewillens ist es bei der
konkludenten Abnahme durch Inbetriebnahme/
Nutzung grundsätzlich
erforderlich, dass der AG das
Werk ausreichend prüfen konnte,
wobei die Dauer der Prüfungsfrist
vom Einzelfall abhängig ist. Bei einer
Heizungsanlage macht es durchaus
Sinn, dass der Prüfungszeitraum jedenfalls
auch in einem Teil der Heizperiode
liegt. Es sollte allg. klar sein,
dass die konkludente Abnahme für
beide Parteien verjährungsrechtliche
Risiken mit sich bringt!
*Der Autor ist Jurist undarbeitet als
Geschäftsführer für die Innung Spengler,
Sanitär- und Heizungstechnik München.
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